Im Juli 2024 hat die bayerische Staatsregierung im Rahmen einer Kabinettssitzung Eckpunkte für die Einführung eines Beteiligungsgesetzes für Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen beschlossen. Dieses Gesetz soll ab Anfang 2025 gelten und verfolgt das Ziel, die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber erneuerbaren Energien zu stärken. Doch was bedeutet das konkret für Energiegenossenschaften in Bayern?
Das Vorhaben der Staatsregierung
Das geplante Gesetz sieht vor, dass Betreiber neuer Windenergie- und Photovoltaikanlagen sowohl Kommunen als auch Bürgern ein Angebot zur finanziellen Beteiligung unterbreiten müssen. Diese finanzielle Beteiligung soll in verschiedenen Formen möglich sein, um sich an die regionalen Gegebenheiten anzupassen. Die Staatsregierung hofft, durch diese Maßnahmen die lokale Zustimmung zu erneuerbaren Energieprojekten zu erhöhen und so die Energiewende voranzutreiben.
Die finanziellen Beiträge sind dabei klar geregelt: Anlagenbetreiber sollen 0,2 Cent pro kWh in die Kommunalkasse und optional 0,1 Cent pro kWh an betroffene Bürger in der Region auszahlen. Während bei Windrädern Kommunen in einem Radius von 2,5 Kilometern anteilsmäßig beteiligt werden, erhält bei Photovoltaikanlagen nur die Standortkommune eine Entschädigung.
Kritik
Trotz dieser ambitionierten Pläne stößt das Vorhaben der Staatsregierung auf Kritik, insbesondere von Seiten der Energiegenossenschaften. Es handelt sich bei der vorgeschlagenen finanziellen Beteiligung nicht um eine echte Bürgerbeteiligung, wie sie durch Genossenschaften ermöglicht wird.
Der Vorstandsvorsitzende der BERR Joachim Scherrer äußerte sich sehr kritisch gegenüber dem Entwurf:
„Echte Bürgerbeteiligung gibt es nur mit Bürgerenergiegenossenschaften. Nur Mitglieder in unseren Genossenschaften können bei Investitionen sagen: Das ist auch meins! Die Form der Kommanditbeteiligung bei Anlagen erschließt sich für die Mehrheit der Bürger ja leider nicht.“
Die finanzielle Beteiligung an einem Windpark kann in etwa mit dem Kauf von Wertpapieren verglichen werden. Man investiert Geld und erhält Zinsen, hat aber keine wirkliche Mitsprache oder aktive Beteiligung am Projekt. Das ist nicht vergleichbar mit der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft, wo man wirklich aktiv beteiligt ist und mitentscheiden kann.
Leitlinien des Genossenschaftsverbandes Bayern (GVB)
Auch der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) hat Leitlinien erstellt, um die Bürgerbeteiligung an erneuerbaren Energien zu fördern. Der GVB sieht echte Bürgerbeteiligung als essentiell für den Erfolg der Energiewende an. Dazu gehören nicht nur finanzielle Anreize, sondern auch Mitsprache- und Entscheidungskompetenzen sowie die Möglichkeit zur aktiven Mitwirkung.
In den Leitlinien des GVB wird betont, dass Bürgerbeteiligung nicht zu unverhältnismäßiger bürokratischer und finanzieller Belastung führen darf. Stattdessen sollten Anreize geschaffen werden, um die Bürger aktiv in die Energiewende einzubinden. Hierbei wird auch auf die Bedeutung dezentraler Energieprojekte hingewiesen, die von den Bürgern vor Ort gestaltet werden.
Die Diskussion um das geplante Bürgerbeteiligungsgesetz zeigt deutlich, dass es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, wie Bürger in die Energiewende einbezogen werden sollten. Während die Staatsregierung auf finanzielle Anreize setzt, plädieren Energiegenossenschaften für eine tiefere, aktivere Beteiligung der Bürger.
Energiegenossenschaften bieten den Vorteil, dass Bürger nicht nur finanziell, sondern auch in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Dies könnte langfristig zu einer stärkeren Akzeptanz und Unterstützung der erneuerbaren Energieprojekte führen. Die Staatsregierung sollte daher überlegen, wie sie die Genossenschaftsmodelle stärker fördern kann, um die Energiewende in Bayern nachhaltig und bürgernah voranzutreiben.