Nettostromerzeugung im 1. Halbjahr 2023: Rekordanteil Erneuerbarer Energien von 57,7 Prozent

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat im Juli die Daten zur öffentlichen Nettostromerzeugung für das erste Halbjahr 2023 vorgestellt, die aus der Datenplattform Energy-Charts hervorgehen.

Mit einem Anteil von 57,7 Prozent an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung – also dem Strommix, der aus der Steckdose kommt – lag die Erzeugung aus erneuerbaren Energien deutlich über dem Vorjahr (51,8 Prozent). Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch lag bei 55,5 Prozent. Solar- und Windenergieanlagen speisten gemeinsam 97 Terawattstunden (TWh) in das öffentliche Netz ein, gegenüber 99 TWh im ersten Halbjahr 2022. Die Stromproduktion aus Braunkohle (- 21 Prozent), Steinkohle (- 23 Prozent), Erdgas (-4 Prozent) und Kernenergie (- 57 Prozent) ging dagegen zurück.

© Fraunhofer ISE/energy-charts.info

Die Grafik zeigt die Nettostromerzeugung aus Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung. Das ist der Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt. Die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch ist bei dieser Darstellung nicht berücksichtigt.

Im ersten Halbjahr 2023 war eine Normalisierung der Energiepreise zu beobachten: der Erdgaspreis und der Börsenstrompreis sind wieder auf das Niveau vor dem Ukraine-Krieg gesunken, lagen aber noch über den Preisen von 2021. Die Auswirkungen des AKW-Ausstiegs mit der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim2 im April 2023 sind gut verkraftet worden. Faktoren wie die zunehmende Produktion aus erneuerbaren Quellen, das Wetter und die gestiegene Produktion in den europäischen Nachbarländern wirken sich deutlich stärker auf den Strompreis aus als die Abschaltung der drei AKWs. Die fehlenden 30 TWh der abgeschalteten Reaktoren wurden durch geringeren Verbrauch, verringerte Exporte, gesteigerte Importe sowie den Zubau von Solar- und Windkapazität kompensiert.

Die Last lag im ersten Halbjahr bei 234 TWh (1. Halbjahr 2022: 250 TWh) und setzt damit den sinkenden Trend fort. Die Stromproduktion sank gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 von 252 TWh auf 225 TWh. Der Export von Elektrizität nach Frankreich ging zurück, nachdem die französischen Atomreaktoren wieder ans Netz gegangen sind. Der Export nach Österreich und in die Schweiz sank aufgrund der höheren Eigenerzeugung und des geringeren Verbrauchs der Länder. Im ersten Quartal 2023 wurde mehr Strom als üblich importiert, weil die Strompreise in den Nachbarländern günstig waren.

Konstante Erzeugung aus Sonne und Wind

Die Windenergie war die mit Abstand wichtigste erneuerbare Energiequelle. Windenergieanlagen produzierten in der ersten Jahreshälfte 2023 67 TWh und lagen damit leicht unter dem ersten Halbjahr 2022 (ca. 68 TWh). Der Februar war ein schwacher Windmonat und hat damit das Gesamtergebnis gesenkt.

Photovoltaikanlagen speisten im ersten Halbjahr ca. 30 TWh in das öffentliche Netz ein, eine leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr mit 31 TWh, für den hauptsächlich der schwache März verantwortlich war. Die Solarstromanlagen hatten damit einen Anteil von 12,5 Prozent an der öffentlichen Nettostromerzeugung. Am 4. Mai stellten sie einen Rekord auf: erstmals speisten Solaranlagen in Deutschland mehr als 40 GW Leistung ins Netz. Mit etwa 15 TWh Solar- und Windstromerzeugung wurde im Juni ein neuer Monatsrekord für einen Junimonat aufgestellt. Die Wasserkraft produzierte im ersten Halbjahr 9,3 TWh und lag damit über dem Vorjahr mit 8,2 TWh. Die Stromerzeugung aus Biomasse ist mit 21 TWh auf dem Niveau des Vorjahres.

In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im ersten Halbjahr 2023 ca. 130 TWh, ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr mit 131 TWh. Der Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung, d. h. dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, lag bei ca. 57,7 Prozent und damit deutlich über dem ersten Halbjahr 2022 (51,8 Prozent).

Rückgang bei nuklearer und fossiler Erzeugung

Die drei letzten Kernkraftwerke haben bis zu ihrer Abschaltung am 15. April 6,7 TWh erzeugt. Im ersten Halbjahr 2022 waren es 15,8 TWh. Auch die Kohlestromerzeugung ist gesunken: Braunkohlekraftwerke produzierten ca. 41,2 TWh, ein starker Rückgang von 21 Prozent gegenüber 2022 (52,1 TWh). Die Nettoproduktion aus Steinkohlekraftwerken nahm ebenfalls um 23 Prozent von 26,2 TWh in 2022 auf 20,1 TWh in 2023 ab. Die Stromerzeugung aus Erdgas ging leicht von 24,3 TWh auf 23,4 TWh zurück.

Neben den Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung gibt es auch Gaskraftwerke im Bergbau und verarbeitenden Gewerbe zur Eigenstromversorgung. Diese produzierten zusätzlich ca. 24 TWh für den industriellen Eigenbedarf.

Preise für Strom und Erdgas sinken

Der volumengewichtete durchschnittliche Strompreis in der Day-Ahead Auktion lag bei 100,54 Euro/MWh. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 mit 181,28 Euro/MWh.

Der durchschnittliche Preis für Erdgas lag im ersten Halbjahr 2023 bei 45,29 Euro/MWh. Im ersten Halbjahr 2022 lag der Preis bei 99,84 Euro/MWh.

Der durchschnittliche CO₂-Zertifikatspreis pro Tonne CO₂ in Deutschland ist auf 86,96 Euro gestiegen und liegt damit über dem Wert von 2022 mit 83,01 Euro.

Solar- und Windleistung wachsen ungleich

Der Zubau an Photovoltaik-Leistung liegt aktuell im Zielkorridor der deutschen Klimaschutzziele: Allein von Januar bis Mai wurden 5 GW zugebaut, damit würde das Ziel von 9 GW im Jahr 2023 erreicht werden. Der Windausbau liegt dagegen nicht auf Kurs: Bis Ende Mai wurden 1 GW Wind onshore installiert, womit das Ziel von 4 GW Zubau verfehlt würde. Der Zubau bei Wind offshore ist mit 0,23 GW auch noch gering.

Große Bewegung ist im Bereich der Batteriespeicher zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2023 kamen 1,7 GW Speicherleistung mit einer Speicherkapazität von 2,4 GWh hinzu, sodass nun 5,6 GW Leistung mit 8,3 GWh Kapazität in Deutschland installiert sind. Bis Jahresende wird diese Kapazität auf 10 bis 11 GWh steigen. 

(Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts.)

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